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Das ist mal eine klare Ansage: "Wir haben auf ausladende Blechformen und unnötigen Schnickschnack verzichtet. Denn das hätte nur viel Geld gekostet. Das Geld haben wir lieber in den Motor gesteckt." Ein Auszug aus der Werbekampagne für den Karl, das neue kleinste Mitglied der Opel-Familie? Falsch. So bewarb Opel anno 1964 den Kadett A. Doch auch der Karl will durch Unaufgeregtheit und sachliches Auftreten punkten. Gilt für ihn ebenfalls der Slogan von damals: Kurz gesagt O.K.?
Alle lieben Kalle
Kommen wir zunächst zur wichtigen Frage: Warum ausgerechnet Karl? Opel-Chef Karl-Thomas Neumann sitzt der Schalk im Nacken, wenn er an das neueste Modell seiner Firma denkt: "Wir wollen wieder etwas frecher sein" lautet Neumanns Ansage mit Blick auf den Karl. Namensgeber ist aber nicht Neumann, sondern der im Jahr 1869 geborene älteste Sohn von Firmengründer Adam Opel. Besagter Karl schrieb sich später im Stil der Zeit mit C, auch aus Köln wurde im Kaiserreich Cöln. Für Opels geplante Modelloffensive sind noch Namen frei, denn Karl hatte vier Brüder: Wilhelm, Heinrich, Fritz und Ludwig.
Nur nicht übertreiben
Passend zum konservativ klingenden Namen ist auch das Äußere des Opel Karl betont sachlich gehalten. Aus gutem Grund, denn der stets fünftürige Karl soll den Gegenpol zum fast schon übertrieben modischen Adam darstellen. Am auffälligsten sind beim Karl noch die beiden Blechfalze in der Seite und die extrem auffälligeLackierung in Kiwi-Grün (kostet 460 Euro, aber Sie finden Ihr Auto immer wieder!). Der Rest ist pragmatisch: große Spiegel, große Scheinwerfer, große Blinker. Ein Blick auf die Abmessungen: Mit 3,67 Meter ist er sieben Zentimeter kürzer als sein Vorgänger Agila und exakt so lang wie der erste Corsa von 1982.
Weniger ist nicht immer mehr
Natürlich können auf solch geringer Grundfläche (Radstand: 2,38 Meter) keine Raumwunder erwartet werden. Im Fond müssen längere Menschen auf das Wohlwollen der Vorderleute hoffen und auch die 195 Liter Kofferraumvolumen im Normalzustand sind bestenfalls Durchschnitt. Schlecht: Die Hutablage muss immer per Hand hochgeklappt werden, das Schloss der Heckklappe kann dem Kopf wehtun. Deutlich überzeugender ist die Karlsche Vorstellung in der ersten Reihe. Trotz einer Fahrzeugbreite von nur 1,60 Meter bleiben Fahrer und Beifahrer auf Abstand. Allerdings sitzt man hier nicht mehr so hoch wie noch im Agila, dafür ist die Beinauflage schön lang. Seitenhalt bieten die Möbel hingegen kaum.
Genau hinsehen
Im Cockpit setzt sich die sachliche Note fort: Die Bedienelemente geben keine Rätsel auf, alles Wichtige ist in Griffnähe. Auch an Ablagen hapert es nicht. Kritikwürdig ist die in der Topversion serienmäßige Klimaautomatik: Die eingestellte Temperatur ist schon bei geringer Sonneneinstrahlung kaum ablesbar. Gleiches gilt für die Balken von Tankinhalt und Motortemperatur. Besser wären hier andere als weiße Lampen. Hinsichtlich der Materialgüte im Innenraum sind in dieser Klasse keine Wunder zu erwarten, es dominiert Hartplastik. Durch teilweise Narbung der Oberflächen wirkt das Ambiente immerhin anständig, zumal die Verarbeitung stimmt.
Gut gekoppelt
Auch in Sachen Datenverarbeitung kann sich der Karl sehen lassen. Grund ist das so genannte IntelliLink-System aus Adam und Corsa. Hauptbestandteil ist ein großer Touchscreen. Über USB kann ich mein Apple iPhone oder Android-Smartphone anschließen und bekomme diverse Inhalte meines Handys auf dem Touchscreen angezeigt. So wird etwa eine Navigation per Google Maps möglich. Das funktionierte in unserem Testwagen sehr gut, nur gibt es das System erst ab Januar 2016. Auch andere Nettigkeiten werden erst im Lauf der kommenden Monate nachgereicht, etwa die OnStar-Technik, mit dem der Karl zum WLAN-Hotspot wird oder ein Start-Stopp-System.
Einer für alle
Apropos Technik: Hier setzt Opel einen weiteren Kontrapunkt zum Adam, denn den Karl gibt es ausschließlich mit einem 75-PS-Benziner. Der neu entwickelte Einliter-Dreizylinder ist die Saugversion der aus Adam und Corsa bekannten Turboaggregate mit 90 und 115 PS. Leider kastriert der Verzicht auf eine Aufladung den Motor deutlich. In gefühlt ewig dauernden 15,5 Sekunden schleppt sich der Karl im fünften Gang auf 100 km/h, oberhalb dieser Marke bleibt der Vortrieb zäh, weshalb Überholvorgänge gut geplant werden wollen. So gesehen wäre Opel Philipp der bessere Name, denn der Wagen ist Lahm. Nur gut, dass es keine Automatik für den Karl gibt.
In doppelter Hinsicht zurückhaltend
Immerhin: Der Schalthebel gleitet angenehm durch die Gassen, auffallend ist die Laufruhe der drei Töpfe. Nur im Stand sind leichte Vibrationen des Motors spürbar, ansonsten hält sich die Maschine im Hintergrund. Das überrascht, denn beim Blick unter die Haube entdecken wir keine sichtbaren Dämmmatten. Bei Tempo 130 liegen zwar 4.000 Touren an, aber man wird nicht unangenehm angebrüllt. Das passiert erst, wenn die gesamten 96 Newtonmeter Drehmoment verlangt werden. Sie sind erst bei 4.500 Umdrehungen zur Stelle. Kein Wunder, dass der Werksverbrauch von 4,5 Liter eine Utopie bleibt. Realistisch ist ein Wert im höheren Fünf-Komma-Bereich.
Verwöhn-Aroma
Ganz klar: Das Betätigungsfeld des Opel Karl liegt in der Stadt, wo er mit einem kleinen Wendekreis punktet und in gelassenen Fahrten über (flaches) Land. Von der Lenkung wäre etwas mehr Rückmeldung hilfreich, aber der Karl soll ja auch nicht über die Nordschleife gejagt werden. Höchstens der Karl OPC, man weiß ja nie. Je nach Ausstattung bietet Opels Kleinster auch einen City-Modus für die Lenkung, mit dem die Chose noch leichtgängiger wird. Vorzüglich ist die Federung gelungen: Selbst mit den maximal möglichen 16-Zöllern auf 195er-Bereifung rollt der Karl geschmeidig ab. Unsere Empfehlung sind die 15-Zoll-Alus mit Pneus im Format 185/55 R15.
Ein feines Angebot
Das bringt mich zu den Ausstattungen. Die Karl-Preisliste ist schmal, auch das ist ein bewusst gewählter Gegensatz zu den fast unendlichen Möglichkeiten der Individualisierung, die der Adam seinen Kunden bietet. Die karge Karl-Basis startet bei 9.500 Euro, hierfür erwartet Opel aber nur fünf Prozent Kundenanteil. Die große Mehrheit wird laut Prognose zum Karl "Edition" für 10.650 Euro greifen, bei dem aber weder Radio noch Klimaanlage inklusive sind. Mein Tipp ist daher die Topversionnamens "Exklusiv". Sie ist ausstattungsbereinigt nur 80 Euro teurer als ein entsprechend möblierter Karl "Edition". Im Preis von 12.900 Euro sind hier schon die Klimaautomatik, ein Bluetooth-Radio mit Lenkradfernbedienung, 15-Zoll-Leichtmetallfelgen aber auch ein Spurverlassenswarner und ein Tempomat inbegriffen. Eine feine Option ist das 395 Euro teure Komfort-Paket mit einer Sitzheizung vorne, einem beheizten Lederlenkrad und Parkpiepsern hinten. Macht unter dem Strich 13.295 Euro für einen voll ausgestatteten Karl. Dann ist der Wagen allerdings weiß lackiert, denn alle anderen Farben kosten Aufpreis.
Auf Augenhöhe
Selbstverständlich darf der Blick auf die Konkurrenz nicht fehlen. Ein gleich starker VW Up mit vier Türen kostet in der Topausstattung inklusive einiger Extras 14.635 Euro, ein Spurassistent, eine Klimaautomatik oder eine Lenkradheizung sind gar nicht erst lieferbar. Das kann der Hyundai i10 besser. Für 13.790 Euro hat er neben 87 PS auch 15-Zoll-Alus, eine Einparkhilfe hinten, eine Klimaautomatik und eine Sitzheizung an Bord. Man sieht: Beim Opel Karl sind nicht nur die Abmessungen klein.
Quelle: http://www.auto-news.de/test/e…Markteinfuehrung_id_36876